Immortal Single - Moonroad

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Cadia
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Immortal Single - Moonroad

Beitragvon Cadia » Di 25. Aug 2015, 18:33

Moonroad,

Conan und Cadia, 2014

Buddy Jenkins war ein einfacher Kerl. Ein Mann, den die einfachen Dinge des Lebens Freude bereiteten. Ein Mann der, keine großen Ansprüche an das Leben hatte, außer ein gutes Steak, gesunde Kinder und ein freier Highway.
Aber Buddy war ein Mann mit einem geteilten Herz. Damals, vor vierzehn Jahren, als er seine schwangere Rosie geheiratet hatte und die Motorradgang verlassen hatte, um ein Häuschen in Nashville zu kaufen und einer ehrlichen Arbeit nach zu gehen, da gab er die Hälfte seines freien Herzens dieser Frau, dann seiner Tochter, und acht Jahre später auch seinem kleinen Jungen.
Die andere Hälfte gehörte immer noch seiner Freiheit. Er hat das Steuer des Motorrads gegen das Lenkrad eines Trucks getauscht. Der Becky Sue. Ein vier Tonnen schweres Ungetüm, metallic blau lackiert, die gewaltige Stoßstange, die Reling und die Radkappen in glänzendem Chrom gehalten. Gelbe Flammen züngelten an ihren Flanken entlang. Auf den Türen posierte eine Pinup Lady auf einer Atombombe reitend. Die Becky Sue, Buddys zweite Frau, wenn man so wollte.
Buddy war sein eigener Herr und mache munkelten, wenn Buddy auf Achse war, wäre er ein anderer Mensch.

Er war am Nachhause-Weg. Langsam bahnte sich sein Truck den Weg durch das verschlafene Nashville. Nur sein Nachbar Frank war schon auf den Beinen und reinigte seinen neues Ungetüm von einem Gasgriller. Buddy grüßte den Nachbarn freundlich, dann parkte er seinen Truck auf der Straße und schlich ins Haus. Es war fünf Uhr morgens. Er bemerkte Timmys neue Zeichnung, die an den Kühlschrank geheftet war. Timmy zeichnete Trucks, immer. Und das gar nicht schlecht für einen Fünfjährigen. Buddy zog anerkennend die Augenbrauen nach oben, während er das neue Werk seines Sohnes begutachtete und einen großen Schluck Milch aus der Packung nahm. Dann war es an der Zeit, seiner Frau guten Morgen zu sagen.

Etwas später gab es Frühstück. Rosie machte einfach die besten Pancakes. Der kleine Timmy malte schon wieder, während er seinen Vater mit Fragen über die letzte Tour löcherte. Becky war jetzt fast vierzehn. Wenn man bedachte, wer ihr Dad war, müsste sie eigentlich ein schrecklicher Spießer sein, um gegen ihre Eltern zu rebellieren, doch seit Rosie immer öfter diese Baptisten-Kirche aufsuchte und Jesus in jedem verdammten Gespräch seinen Platz finden musste, entwickelte sich Becky in eine ganz spezielle Richtung. Sie hatte sich die Haare blau gefärbt, ihr Ausschnitt war zu tief, ihre Hotpants zu kurz. Sie sah aus wie eine Parkplatzhure. Nein, dachte Buddy. Wie ein Kind, das sich als Parkplatzhure verkleidet hatte. Er würde sich ein Gewehr zulegen müssen. In ein, zwei Jahren würden ihr die Jungs nachstellen wie eine Meute hungriger Wölfe.
Buddy brauchte Geld. Die Rechnungen zahlten sich schließlich nicht von alleine. Jetzt war Rosie auch noch auf die Idee gekommen, ein sündhaft teures Kosmetik-Abo aus einer dieser Fernsehwerbungen zu nutzen. Sie beschwor ihn, einfach einen Job bei diesem Earl Brownsteen anzunehmen. Brownsteen stellte seit geraumer Zeit Fahrer bei sich ein und machte den freien Frächtern das Leben schwer. Buddy sagte es nicht direkt, aber er würde sich lieber ein Bein abhacken lassen als seine Freiheit aufzugeben und für diesen schmierigen Judenarsch zu fahren.

Er traf sich mit seinem Kumpel Chad in einem Diner. Buddy kannte Chad noch aus ihrer Zeit bei den Iron Crusaders. Er hatte immer wieder mal kleine Nebengeschäfte laufen. Eigentlich immer für die Gang. Waffen oder Drogen schmuggeln und Buddy war immer für einen kleinen Nebenverdienst zu haben. Auch diesmal hatte Chad einen Job für ihn. Einen besonders lukrativen. Buddy sollte einfach eine Leergutfahrt nach Tennessee machen, dort solle er angeben, dass ihn ein gewisser Christopher schicke und man würde ihm Instruktionen und eine neue Ladung mitgeben.
Buddy schlug ein. Er öffnete den Umschlag, den er von Chad bekommen hatte, erst als er unterwegs war. Brownsteen steckte dahinter. Kein Wunder, dass sein Geschäft so gut lief. Buddy überlegte ernsthaft, den Job wieder sein zu lassen, aber die 10.000 Dollar in bar und die Aussicht auf mehr zerstreuten seine Zweifel schnell wieder. „Was soll’s...“ dachte Buddy sich. „Es kann ja nicht schaden.“

Bei seiner ersten Rast tauchten die ersten Probleme auf. Ein alter brauner Ford, zwei Typen, die sich als Zollbeamte zu erkennen gaben, ein dämliches Lebkuchenherz, das vom Rückspiegel baumelte. Die Männer stellten Fragen und filzten die Becky Sue. Die Frachtpapiere für das Leergut waren in Ordnung und die beiden zogen unverrichteter Dinge wieder ab. Im Nachhinein erst bemerkte Buddy das er weder einen Namen gehört noch eine Marke gesehen hatte. Er musste das nächste Mal vorsichtiger sein.
Via Funk unterhielt er sich mit Mama Adams. Die alte Veteranin der Straße gab an, ebenfalls einen von Chads Jobs angenommen zu haben. Es würde ihr gut in den Kram passen, weil die Sache ohnehin auf ihrer üblichen Route liegen würde. Sie erzählte ihm auch, der alte Haudegen Big Al hätte einen dieser mysteriösen schwarzen Geistertrucks aus der Nähe gesehen.

Die Geistertrucks. Sie waren schwarz, keine Markierungen, nur nachts unterwegs, niemand kannte die Fahrer. In letzter Zeit häuften sich die Sichtungen und die Gerüchteküche brodelte. Die Trucker fürchteten sie und deswegen hassten sie die Dinger auch.
In Tennessee lieferte er sein Leergut ab. Nervös gab er an, ein Christopher würde ihn schicken. Was er bekam, war ein Anhänger, ein paar Kranbauteile als Tarnung für etwas, bei dem zumindest die Hunde anschlagen würden und fadenscheinige Papiere dazu.
Die Route sollte ihn nach San Antonio führen. Er sollte die letzte Strecke über die Landstraße fahren.

Buddy machte sich auf den Weg, sein Magen knurrte und er fühlte sich müde. Die Raststätte, die er anfuhr war nicht die beste. Aber er würde mit Sicherheit ein Steak und ein Bier bekommen, bevor er sich aufs Ohr legte.
Draußen bemerkte er einen alten Roadster 64iger Mustang. Solche Autos wurden heute nicht mehr gebaut, und diese Schönheit hier war außerordentlich gut in Schuss. Im Inneren der Raststätte bemerkte er eine junge Frau. In ihrer Businesskleidung wirkte sie irgendwie fehl am Platz. Buddy setzte sich neben sie und begann im Plauderton ein wenig Smalltalk. Ein paar der Huren, die draußen auf dem Parkplatz ihrem Gewerbe nachgingen, waren echte Schönheiten, aber diese Frau ließ sie allesamt wie hässliche, fette, halbnackte Hühner aussehen. Sie war eine echte Wucht. Es war offensichtlich, dass dieser Umstand auch einer ganzen Menge der männlichen Besucher aufgefallen war. Während Buddy mit der Frau sprach ruhten, all die neidvollen Blicke auf den Beiden. Sie stellte sich ihm als Alice vor. Der Wagen vor der Tür gehörte ihr. Sie suchte Hilfe, weil eines ihrer Vorderlichter ausgefallen war, außerdem hatte sie sich verfahren. Alice gab an, Ärztin aus New York zu sein. Sie wollte ihren Cousin in Texas besuchen und bei der Gelegenheit ihren Oldtimer ausführen. Buddy war guter Dinge. Er genoss es, das mittelmäßige Steak zumindest mit hübscher und freundlicher Gesellschaft aufzubessern. Natürlich half er ihr, wieder auf den rechten Weg zu kommen. Gemeinsam brüteten sie über ihrer Karte, bis Buddy die Adresse fand, die sie gesucht hatte. Buddy war ein hilfsbereiter Kerl, vor allem wenn die Hilfesuchende Beine ohne Ende und zwei feste Brüste besaß. Ritterlich erklärte er sich noch bereit, ihr Problem mit dem Vorderlicht zu lösen, aber zuerst würde er sein Steak verputzen. Ja, Buddy war auch ein kleiner Macho.

Alice gab an, bei ihrem Wagen auf ihn zu warten. Als Buddys Teller leer war, bezahlte er und ging nach draußen. Er machte sich natürlich keine Illusionen. Bei so einer Frau würde er niemals landen. Er genoss lediglich das Gefühl, ein wenig mit der Oberliga zu flirten. Doch die Dame war nicht auffindbar. Die Wagentür stand offen und einer ihrer Stöckelschuhe lag neben dem Oldtimer. Buddy wurde das ungute Gefühl, dass hier irgendetwas gewaltig faul war. Er ging zurück zu seinem Truck und holte die stummelige 45er aus dem Handschuhfach. Einer Eingebung folgend suchte er zwischen den geparkten Trucks. Da ihre Handtasche, dort der zweite Schuh. Ein Fluchen, ein Wimmern. Dann hatte Buddy sie gefunden. Zwei grobschlächtige Rednecks hatten Alice entführt und waren gerade kurz davor, ihren „Spaß“ mit ihr zu haben. Buddy war kein Held, aber es gab Dinge, die er nicht einfach ignorieren konnte. Sachen, die er nicht wegschieben und vergessen konnte. Das war so eine Sache. Selbst mit gezogener Waffe ließen sich die beiden nicht einschüchtern. Der eine ging mit dem Messer auf Buddy los. Seine Pistole wurde eingeklemmt und das Messer verpasste ihm einen Schnitt auf der Brust. Buddy brach dem Kerl mit einem Kopfstoß die Nase. Die beiden nahmen daraufhin Reißaus.
Plötzlich war er tatsächlich der strahlende Held, auch wenn er sich nicht so fühlte. Buddy päppelte die geschockte Frau wieder auf, reparierte ihren Scheinwerfer und bot ihr an, sie könnte seine Kajüte für die Nacht haben. Er würde auf dem Fahrersitz schlafen. Sie nahm das Angebot gerne an. Buddy hatte dabei keinerlei Hintergedanken, zumindest keine ernsthaften. Es war Alice, die den Trucker zu sich in die Koje zog.

Am nächsten Morgen war die Schönheit verschwunden, ebenso ihr schwarzer Mustang. Wie ein Traum, dachte Buddy, aber die genähte Wunde an seiner Brust und der Geruch, der nach der Liebesnacht noch im Inneren seines Trucks verweilte, sagten ihm, dass es keiner war.
Beflügelt machte er sich wieder auf den Weg. Buddy beschloss, den Highway zu verlassen. Einerseits würde er so die Baustellen umgehen und andererseits würde er so in die Nähe von Voodoo Donuts gelangen, wo seine alte Freundin Sue arbeitete. Er hatte sie seit einem halben Jahr nicht mehr gesehen. Eine alte Kameradin aus Biker-Zeiten.

Er unterhielt sich via Funk noch mit Big Al. Der alte Haudegen war wie immer voller väterlicher Fürsorge für seine „Familie von der Straße“. Er erzählte noch von dem Schwarzen Truck. Er habe versucht, ihm die Reifen aufzuschlitzen. Keine Chance. Gepanzerte Reifen. Gepanzertes Gehäuse. Alles in allem ziemlich mysteriös.
Im Voodoo Donuts wurden alte Geschichten voller Wehmut mit Sue ausgetauscht. Buddy dachte sich bei dem derben Südstaatenmädel dasselbe wie jedes Mal, wenn er sie traf. Wenn er sie nicht so gut kennen würde, er würde sich Hals über Kopf in sie verknallen und mit ihr durchbrennen. Aber er kannte sie leider zu gut. Das mit Buddy und Sue hatte nie funktioniert und würde es auch nie.

Wieder am Highway meldete sich Chad bei ihm. Er hatte gerade seine Tour beendet und alles war gelaufen wie geschmiert. Scheinbar hatte er eine Menge Kohle gemacht. Das war das letzte Mal, dass Buddy etwas von Chad gehört hatte.
Dann meldete sich Rosie. Sie erzählte ihm, sie habe die Kosmetika abbestellt. Sie bat ihn, den Job sein zu lassen und machte sich große Sorgen um ihn. Timmy hätte ihm wieder ein Bild gemalt. Einen Truck. Timmy malte immer Trucks. Bei diesen Gesprächen erinnerte sich Buddy immer wieder daran, wie sehr er diese Frau und diese Familie liebte und die Erinnerung an die letzte Nacht verblasste ein wenig. Er machte mit dem Job weiter. Schließlich machte er ihn ja nicht für sich. Er machte ihn, um seiner Familie ein besseres Leben zu bescheren. Er dachte darüber nach, seiner Frau mit dem Geld ein Geschenk zu machen. Oder ein gemeinsamer Urlaub…

Ein Funkspruch von Mama Austin riss ihn aus den Gedanken. Sie war in Panik. Scheinbar war der Zoll hinter ihr her. Sie schrie! Er konnte Schüsse hören. Dann brach die Verbindung ab. Buddy hatte echte Angst. Wo war Mama Adams da reingeraten, wo steckte sie, wie konnte er ihr helfen? Er rief Big Al auf seiner Frequenz. Der Alte sagte nur, er würde sehen, ob er sie finden könne. Er machte sich ebenfalls um die gute Mama sorgen, ebenso wie um Buddy, als der ihm gestand, dieselbe Scheiße zu transportieren wie seine Kollegin. Big Al riet ihm den Highway und seine Kameras zu meiden und nannte ihm eine Adresse im Hinterland, wo er seinen Truck umlackieren konnte, wenn’s sein musste. Der Mann, Samuel, schuldete Big Al noch so manchen Gefallen.

Buddy verließ den Highway zufällig genau an der Stelle, an der er ohnehin laut seinen Anweisungen abfahren hätte sollen. Kurz vor Einbruch der Nacht wurde er angehalten. Ein alter brauner Wagen, ein Lebkuchenherz, das vom Rückspiegel hing. Dieselben Typen wie gestern. „Zollfahndung!“
Diesmal blieb er sitzen, er wollte erst einen Namen hören und eine Marke sehen. Buddy war misstrauisch und gereizt. Er verschloss das Führerhaus, als er den anderen Kerl bemerkte, der versuchte, die Beifahrertür zu öffnen. Anstatt der Marke zog der angebliche Beamte seine Waffe. Buddy verlor die Nerven und Becky Sue raste mit Volldampf mitten in den hässlichen braunen Wagen. Die alte Becky verarbeitete ihn zu Schrott und fuhr davon. Buddy brachte ein paar Meilen zwischen die vermeintlichen Cops und seinem Truck. Die Nacht war bereits angebrochen, als plötzlich ein Hubschrauber auftauchte. Buddy schaffte es bis in ein Waldstück. Dort schaltete er Beckys Scheinwerfer aus und flog blind über die stockdunkle Straße. Der Hubschrauber verlor zwar den Kontakt, blieb ihm aber trotzdem irgendwie auf den Fersen. Sein Navi zeigte ihm eine Abzweigung mitten im Wald. Ein schmaler Güterweg, nicht gebaut für einen 3-Tonnen-Truck mit Ladung. Buddy riskierte es trotzdem, folgte vorsichtig dem schmalen Weg. Weg von der Landstraße. Erst als der Hubschrauber verschwunden war, wagte er es, die Lichter wieder anzumachen.

Die Sache wurde ihm zu heiß. Buddy befolgte Big Als Ratschlag und fuhr Samuels Werkstatt an. Der Mann entpuppte sich als Truck-Freak. Er stellte keine Fragen und begann mit dem Lackieren. Buddy entschied sich für schwarz, vielleicht war das ja zu irgendwas gut.
Er beschloss, ein Stündchen zu schlafen, bevor er weiter fuhr. Mit Wehmut schaute er Samuel eine Weile zu, wie er seiner schönen Becky Sue einen schwarzen Anstrich verpasste, dann fielen ihm die Augen zu.

Buddy war wieder auf der Straße, er hatte zu lange geschlafen und musste die Zeit wieder aufholen. Immer noch tief im Wald meldete sich Mama Adams wieder bei ihm. Die Verbindung war schlecht, sie jammerte, flüsterte. „ Bitte, hol mich hier raus….“ Dann brach die Verbindung ab.
Plötzlich knallte etwas gegen seinen Truck und riss ihn zu Seite. Er bemerkte, dass einer der Reifen einen Platten hatte. Hatte er etwas angefahren? Ein Blick in den Seitenspiegel und Buddy hätte sich vor Schreck fast in die Hose gepinkelt. Irgendetwas hing an der Flanke seines Trucks. Etwas Großes. In Panik riss er am Steuer. Becky Sue ruckte herum, und schüttelte sich, bis der blinde Passagier abgeworfen war. Buddy hatte echten Schiss. Drei Meilen weiter hielt er unter einer Straßenlaterne. Das sah er die Kratzer und die Fellbüschel. Irgendetwas hat tiefe Kratzspuren in der Flanke seines Lastzuges hinterlassen. Nicht im Lack, im Metall.
Eilig wechselte er den Reifen, während er ständig das Gefühl hatte, jemand oder etwas würde ihn aus der Dunkelheit beobachten. Hastig stieg er wieder ein und raste weiter. Die Kratzer wollten ihm nicht aus dem Kopf gehen. Was zur Hölle war das? Es war jedenfalls groß und haarig. Ein Bär? Hatte er einen Bären angefahren? Buddy war sich tief im Inneren sicher, dass es kein Bär war. Trotzdem beschloss er, es dabei zu belassen. Ein Bär. Was soll es sonst gewesen sein?

Rosie meldete sich bei ihm. Sie war aufgewühlt. Die Polizei wäre bei ihr Zuhause. Ein Agent Salfield meldete sich. Er forderte Buddy auf umzudrehen. Drogenfahndung, FBI. Das war es also. Buddy bestürmte ihn mit Fragen. Wo war Mama Adams? Wer waren die Kerle in dem braunen Wagen? Der FBI Agent wusste von alledem nichts. Buddys Schädel arbeitete auf Hochtouren, was sollte er tun? Einfach umdrehen und ins Gefängnis wandern? Zeugenschutzprogramm? Nein, die Kerle, die hinter ihm her waren, waren skrupellose Killer. Sie würden ihn finden. Sie würden seine Familie finden. Sie würden Rosie umbringen, den kleinen Timmy. Sie würden Becky weiß Gott was antun. Nein. Aufgeben war jetzt keine Option mehr. Ein Deal. Das war es, was er brauchte. Buddy verriet dem Agent wo und wann er seine Lieferung abgeben würde. Wenn er den großen Wurf machen wollte, musste er ebenfalls dort sein.
Unbeirrt fuhr er weiter. Er funkte Big Al an und bat ihn um Rat. Sein alter Freund erklärte sich bereit, bei ihm Zuhause mal nach dem Rechten zu sehen. Nur so zur Vorsicht. Er würde sich bei ihm melden, wenn er mehr in Erfahrung gebracht hatte.

Die weitere Fahrt verlief ruhig. Scheinbar suchten seine Verfolger tatsächlich nach einem blauen Truck. Die schwarze Becky Sue schien niemanden zu interessieren.
Als er San Antonio erreichte, war es später Vormittag. Seine Route führte ihn mitten in das Areal einer stillgelegten Ziegelfabrik. Becky Sue rollte an Fabrikhallen aus alten Backsteinen, zerbrochenen vergilbten Fensterscheiben und den Kadavern großer rostiger Baumaschinen vorbei und steuerte einen riesigen, neu angelegten Truckhangar an. Vorsichtig parkte Buddy seinen Truck zwischen all den Anderen. Es müssten zwanzig oder dreißig Trucks sein, die hier parkten und entladen wurden.

Buddy stieg aus. Er hatte noch eine gute Stunde bevor das FBI den Laden hochnehmen würde, vorausgesetzt, dieser Agent war echt und würde sich an den Plan halten. Zwischen all den parkenden Trucks konnte er ein grün-rotes Ungetüm erkennen. Das war die Hell Bell, Mama Austins Truck. War Sie etwa hier? Buddy entschloss, nachzufragen. Wer auch immer diesen Truck hierher gefahren hatte, er würde ein Wörtchen mit ihm zu reden haben.

Die übliche Prozedur folgte, er gab die Papiere ab und bekam bezahlt. 50 000$ plus Boni für die Einhaltung der Lieferzeit und den Umstand, dass der Hänger versiegelt geblieben war. Dieser Christopher, der ihn bezahlte, war nicht überrascht, dass Buddy am Weg hierher Schwierigkeiten hatte, aber er wurde aufmerksam, als Buddy Mama Austins Truck erwähnte. Er folgte den Bewaffneten zu dem Mann, der die Hell Bell gebracht hatte. Der Kerl holte sich gerade einen Kaffee aus einem der Automaten. Buddy ignorierte die Bewaffneten und nahm sich den Kerl an die Brust. Er war verkabelt, gab an, nicht zu wissen, was mit Mama Austin passiert war. Er wimmerte, er wäre nur ein Reporter.

Dann ging das Schießen los. Hubschrauber setzten Männer in schwarzer Kampfmontur ab. Sie stürmten den Truckhangar von allen Seiten und schossen jeden nieder, den sie fanden. Das waren keine Cops. Buddy setzte den „Reporter“ mit einem Kinnhaken außer Gefecht und warf sich den Mann über die Schulter. Er war ziemlich schwer und Buddy kam nur langsam voran, aber wenn es eine Chance gab, Mama Austin zu retten, dann nur, wenn er diesen Mann mit sich nahm. Buddy schaffte es zu seiner Becky Sue. Er warf den bewusstlosen Mann auf den Beifahrersitz und kuppelte den Lastzug ab. Diesem Christopher gelang die Flucht zu Mama Austins Hell Bell. Den Lastzug halb geöffnet, fuhr er einfach drauf los. Buddy ließ der Hell Bell den Vortritt. Sie würde sein Schutzschild sein.
Sie warteten draußen auf sie. Mehrere gepanzerte Vans mit schweren Maschinengewehren am Dach hatten eine Sperre errichtet. Die Hell Bell raste auf die Sperre zu, die Becky Sue folgte ihr in angemessenem Abstand. Das gnadenlose automatische Feuer zerfetzte das Führerhaus, die Hell Bell geriet ins Schlingern, der Lastzug scherte aus und bildete eine Wand zwischen Buddys Truck und dem erbarmungslosen Sperrfeuer. Kurz vor der Straßensperre brach die Betty Sue mitten durch den Anhänger. Der Moment war perfekt. Umringt von einem Schauer aus Einzelteilen durchbrach Buddys Truck die sperre. Zwei Vans wurden von Betty Sues massiver Stoßstange zur Seite geschleudert. Buddy gab Vollgas. Im Rückspiegel bemerkte er einen Van, der ihm, wild um sich feuernd, durch das Gelände der alten Ziegelei folgte. Buddy verließ die befestigte Straße. Becky Sue durchbrach rostige Gitter, Tore und staubige Ziegelwände, doch die Angreifer blieben ihr auf den Fersen. Zeit, den Spieß umzudrehen. Buddy brachte seinen Truck ruckartig zum Wenden und raste nun seinerseits auf den Van zu. Die verchromte Stoßstange blitzte auf, in freudiger Erwartung der nahenden Rache. Der Van hatte keine Chance, als ihn die volle Wucht des drei Tonnen schweren Trucks traf. Buddy lenkte den Truck wieder auf die Straße zurück. Im Rückspiegel konnte er noch eine Hubschrauberflotte des FBI ausmachen. Die Angreifer in Schwarz gingen ohne zu zögern auf sie los. Die alte Ziegelfabrik verwandelte sich in einen Kriegsschauplatz.

Sein Gefangener war immer noch bewusstlos, als sich Big Al bei ihm meldete. Er war gerade bei ihm zuhause angekommen, um nach dem Rechten zu sehen. Buddy konnte alles über Funk mithören. Die beiden Polizeibeamten in dem Streifenwagen vor Buddys Haus waren tot. Big Al holte seine Pistole. Stille, Rufe, Schüsse. Plötzlich war Rosie in Big Als Truck. Buddy gab ihr hektische Anweisungen. Big Al opferte sich um seiner Familie die Flucht zu ermöglichen. Rosie rauschte los, einfach nur weg. Der kleine Timmy war bei ihr. Mit zittriger Stimme begann sie zu erzählen. Seine Tochter war immer noch im Haus. Buddy war in Panik. Big Al war tot, Chad war nicht zu erreichen, wahrscheinlich hatten sie ihn auch erwischt. Mama Adams war irgendwo eingesperrt. Alles ging den Bach runter. Er musste seine Familie retten. Wer auch immer hinter ihm her war, es waren keine Cops und sie waren gut organisiert.
Alices Cousin. Das war die Lösung. Alice war ihm sicher wohl gesonnen, und diese Leute konnten unmöglich von ihr wissen. Er kannte sie ja selbst kaum. Buddy gab seiner Frau die Adresse, die er mit Alice gemeinsam gesucht hatte.
Um Becky würde er sich kümmern. Er war wild entschlossen seine Tochter zu retten. Zeit, ein paar alte Gefallen einzufordern. Als sein Gefangener aufwachte, fand er sich mit Panzertape an den Beifahrersitz gefesselt wieder. Er beteuerte, ein Undercover-Cop zu sein. Die Marke würde sich in einer versteckten Tasche in seiner Jacke befinden. Buddy holte misstrauisch die Marke hervor. Tatsächlich. Detective Martins, Drogendezernat. Buddy machte den Mann los, er konnte derzeit jede Hilfe brauchen, die er bekommen konnte. Warum nicht auch die Cops mit ins Boot holen. Martins war sehr kooperativ. Über geheime Polizeikanäle erfuhr er, dass die meisten seiner Kollegen tot oder vermisst waren. Die Razzia in San Antonio hatte sich in ein Desaster verwandelt. Sie kämpften hier gegen einen Feind von solcher Schlagkraft und Skrupellosigkeit, mit der niemand im FBI gerechnet hatte. Martins versprach, Buddy zu helfen wo er konnte.

Die Becky Sue steuerte wieder das Voodoo Donut an. Buddy musste telefonieren und er war sich sicher, dass Sue immer noch die alten Kontakte herstellen konnte. Ein altes Münztelefon. Ein altes abgegriffenes Notizbüchlein. Eine Nummer. Der Mann, der die Iron Crusaders seit immer schon anführte, nannte sich selbst nur der General. Der General war nicht sonderlich erfreut, die Stimme von Buddy zu hören. Es waren jetzt 14 Jahre, seit Buddy die Biker-Gang verlassen hatte, zumindest hatte er sich nicht mehr dort blicken lassen. Die Kutte und das Bike hatte er immer noch, er hatte auch noch sporadischen Kontakt mit ein paar Mitgliedern gehabt, hat ein paar Schmuggeljobs übernommen. Aber Buddy wurde in Arizona wegen Raub und schwerer Körperverletzung in vier Fällen gesucht. Mehr als die Hälfte dieser Taten hatte der General begangen, nicht Buddy. Alte Gefallen. Seine Familie wurde angegriffen, seine Tochter war eine Geisel, Chad und Big Al waren tot. Genug, um den General zu überzeugen, ihm zu helfen.
Detective Martins besorgte sich ein Gewehr von Sue. In Texas hatte jeder ein Gewehr. Er erzählte Buddy, dass die Frau, die er als Mama Austin kannte, in Polizeigewahrsam war. Scheinbar griffen die Cops ein, als sie verfolgt wurde. Sie benutzten ihren Truck für diese verdeckte Ermittlung. Wenigstens war Mama Austin in Sicherheit.

Becky Sue raste über den Highway Richtung Nashville. Martins sorgte für eine freie Fahrt.
Es war Nacht, als Buddy seine Heimatstadt erreicht hatte. Er traf sich mit dem General. Der Mann trug einen alten Südstaatenhut und einen Bart, der General Lee vor Neid hätte erblassen lassen. Der Plan war schnell beschlossen. Die Iron Crusaders würden Buddys Haus frontal angreifen und eine Menge Lärm verursachen. Buddy und Martins würden hinten rein gehen und Becky da rausholen.

Es waren gut vierzig Bikes, die diese Nacht die beschauliche Vorstadtsiedlung in Nashville heimsuchten. Alle waren bewaffnet und von ihrem General bis zur Weißglut aufgestachelt worden. Heute würden sie töten und kämpfen, auf Iron Crusaders-Art. Sie preschten nach vorn, nahmen Deckung und feuerten auf das kleine Häuschen, was das Zeug hielt. Die Erwiderung ließ nicht lange auf sich warten. Aus den Fenstern schlug den Bikern heftiges Gegenfeuer entgegen.
Die Becky Sue brüllte auf, ihre Scheinwerfer tauchten alles vor ihr in ein gleißendes Licht. Ihre Reifen wühlten den weichen Boden der Vorstadtgärten auf. Ihre polierte Stoßstange mähte Gartenzwerge, Busche und Zäune nieder als wären sie aus Papier. Jedes hartes Hindernis bezahlte das Ungetüm. Dort verlor es einen Scheinwerfer, dies kostete einen Reifen oder den Auspuff. Dies war der letzte Ritt der Becky Sue, aber es war ein denkwürdiger Abgang für die stolze Lady. Als Sie die Rückwand des Hauses durchbrach und die Sprengfalle an der Hintertür unter ihrem sterbenden Gewicht begrub, gluckste der Motor ein letztes Mal zum Abschied.

Buddy und Martins sprangen aus dem Truck. Ihre Waffen fest umklammert, schlichen sie nun durch das Haus. Auf der anderen Seite tobte eine wilde Schießerei. Ein Mann in schwarzer Kampfausrüstung stand, ihnen den Rücken zugewandt, am Fenster und gab kontrollierte Feuerstöße auf die Biker draußen ab. Martins stolperte fast über die Leiche von Agent Salfield. Der Mann am Fenster bemerkte die beiden und drehte sich um. Martins erschoss ihn, musste aber selbst eine Kugel einstecken. Blutend schickte er Buddy weiter. Er würde für Ablenkung sorgen, es waren bereits trampelnde Stiefel im oberen Geschoss zu hören. Buddy hetzte in den Keller. Da war sie, seine Becky. Sie hatten sie mit Handschellen an die Heizungsrohre gefesselt. Ein weiterer Schwarzgerüsteter stellte sich ihm entgegen. Sein Gesicht wurde von einem getönten Visier verborgen. Beide zielten mit ihren Waffen aufeinander. Buddy machte dem Mann bewusst, dass er nur seine Tochter retten wolle. Alles andere würde ihn nicht interessieren. Dass seine Leute oben um ihr Leben kämpfen würden, und dass sie wahrscheinlich verlören. Buddy war erstaunt, als der schwarze Soldat plötzlich die Waffe senkte. „Ich weiß, was es bedeutet, eine Tochter zu haben…“. Seine Stimme war verzerrt, als er sich an Buddy vorbeischob und ihn im Keller allein ließ. Buddy öffnete die Handschellen seiner Tochter. Die alte Maschine stand immer noch im Keller. Vollgetankt und gepflegt. Sue hatte wohl Recht, einmal ein Biker, immer ein Biker. Er setzte seiner Tochter den Helm auf und schwang sich auf das Bike. Beide flohen aus dem Haus, raus auf die Straße und weg von dort. Hinter ihnen hatte sich die Polizei von Nashville an der Straßenschlacht beteiligt. Unter Martins Anleitung rückten Cops und Biker Seite an Seite gegen das Haus vor. Die Schießerei ging als das Nashville-Massaker in die Geschichte des kleinen Ortes ein. Sieben Cops und sechzehn Biker blieben tot auf dem Asphalt liegen. Buddys Haus verging in einem Feuerball und brannte vollständig aus. Die Behörden vermuteten ein Gasleck, das sich entzündet hatte. Die Leichen darin waren völlig verkohlt, was eine Identifizierung unmöglich machte.

Buddy brachte seine Tochter zu Alices Adresse. Es entpuppte sich als kleines abgelegenes Häuschen mitten in den Wäldern. Ihr langweiliger Dad hatte sich in den Augen des pubertierenden Mädchens während der Fahrt in den coolsten Menschen der Welt verwandelt. Buddy parkte seine Maschine zwischen dem schwarzen Mustang und Big Als Truck. Buddys Herz machte einen Sprung, als er es bemerkte. Da stand er, Leroy, der stolze Veteran der Straße. der einst Big Al gehört hatte. Ein echtes Monstrum in Rot und Gold. Die ganze Flanke aufgerissen. Male, die Buddy schon einmal gesehen hatte. Vor ein paar Tagen an seinem Lastzug nach einer nächtlichen Begegnung. Sein „Bär“ war wieder da. Buddy wies seine Becky, an sich in der Koje des Trucks zu verstecken. Der Schlüssel steckte noch im Zündschloss. Buddy legte das Kuvert mit seinem Lohn in den Truck und lieh sich Big Als abgesägte Schrotflinte. In jedem der beiden Läufe befand sich eine Patrone. Dann schlich er ins Haus. Von der Westseite des Hauses schlich er zum Hintereingang. Die Küche war unordentlich, sie sah aus, als hätte jemand ein Mahl vorbereitet, es aber nicht angerührt. Das Wohnzimmer, der obere Stock, leer. Es sah aus als wäre jemand überstürzt aufgebrochen. Buddys Weg führte ihn in den Keller des Hauses. Seine Taschenlampe spendete ihm Licht als er die alten dunklen Stufen hinabschritt. Seine Kehle schnürte sich zu als er dem Inneren gewahr wurde.

Ein Kreuzförmiger Tisch beherrschte das Zentrum des Raums. Schwere Eisenketten an den Seiten des Altars ließen keinen Zweifel daran, dass hier jemand oder etwas angekettet war. Fleischhaken hingen von der Decke. Knochen und Schädel lagen am Boden verstreut. Die meisten davon dürften Hirsche oder Rehe sein. Die anderen, menschlicheren, versuchte Buddy so gut es ging zu ignorieren. Die Wände waren voller Kratzer, ähnlich denen, die er an dem Lastzug und an Big Als Truck gesehen hatte. Eilig verließ Buddy das Haus durch die Vordertüre. Seine Frau, Rosie, konnte noch nicht weit weg sein. Es fiel ihm nichts Besseres ein, als ihren Namen zu rufen. Er erhielt ein gequältes „Daddy!“ als Antwort. Es war Timmy. „Daddy!“, es klang gedämpft und kam von der Ostseite des Hauses. Buddy bemerkte Becky die aus ihrem Versteck gekrochen kam und nun am Fahrersitz hockte und neugierig zu ihrem Vater hinüber schaute. Buddy bedeutete ihr, sich wieder hinten zu verstecken und Becky gehorchte widerwillig.

Buddy schlich auf die andere Seite des Hauses. Das Gras war hoch und scheinbar seit langem nicht mehr gemäht worden. Weiter hinten befand sich ein alter Geräteschuppen. „Daddy! Hol mich hier raus!“. Er entdeckte einen Koffer im Gras, er war offen und sein Inhalt lag überall verteilt. Auf dem Weg zum Schuppen fand er seine Rosie. Er wäre fast über sie gestolpert und brauchte einen Moment, um den blutigen, zerfetzten Leichnam als die Mutter seiner Kinder zu erkennen. Buddy war dem Zusammenbruch nah. In was für einen schrecklichen Alptraum hatte er seine Familie geführt? Machtlos und entkräftet fiel er vor der verstümmelten toten Frau, die einst die Liebe seines Lebens war, auf die Knie. Tränen rannen die stoppelige Wange hinab.
„Daddy?!“ Das Rufen seines Sohnes riss Buddy jäh aus der Lethargie. Schwer erhob er sich wieder auf seine Beine. Seine Kinder lebten noch. Er musste sie beschützen. Das war er Rosie schuldig. Das war er sich selbst schuldig. Er näherte sich dem Geräteschuppen. Knarrend öffnete er ihn. Der Raum war voll mit alten Gartengeräten und Werkzeug. Da war Timmy. Mit schockgeweiteten Augen hockte er in einem kleinen Käfig. Buddy griff sich eine alte Holzfälleraxt und schlug das Vorhängeschloss an dem Käfig auf. Der Junge rutschte wimmernd in dem Käfig zurück und seine panischen Augen fixierten einen Punkt hinter seinem Vater. Buddy hockte da und reichte seinem Jungen die Hand als er ein tiefes Knurren hinter sich vernahm. Es roch nach nassem Hund und fauligem Atem.
Der Schlag kam unerwartet. Buddy wurde von dem Käfig weg gegen eine Wand geschleudert. Als Buddy wieder zu sich kam, stand es vor ihm. Knapp über zwei Meter groß, brüllte es seinen Triumph durch sein fängebewehrtes Maul. Buddy fiel nur ein Wort für dieses Monster ein. Ein Wort, das tief in Mythen und Sagen vergraben lag. Etwas, wofür es in jeder Sprache, in allen Teilen der Welt, einen Namen gab. Jeder Mensch kannte diesen Namen, eingebrannt in den tiefsten Urängsten. Werwolf. Er war vollständig mit hellem, fast blondem Fell bedeckt. Von den langen scharfen Krallen tropfte frisches Blut. Erst jetzt bemerkte Buddy die blutige Wunde an seiner eigenen Schulter. Timmy zitterte. Buddy fasste allen Mut den er aufbringen konnte. Was auch immer das Ding war, er musste seine Kinder beschützen. Trotzig hob er Big Als abgesägte Schrotflinte. Ein Schuss traf das Ungetüm, lies es winseln und zurückweichen. „Lauf Timmy! Lauf zum Truck!“ brüllte Buddy, „Na mach schon, Junge! LAUF!“ Timmy lief. Die Bestie wandte sich wieder zu Buddy um. Der Schuss hatte eine tiefe Wunde hinterlassen doch schien sie die Bestie nicht zu behindern. Vielmehr hatte er sie nur noch wütender gemacht. Zu einem zweiten Schuss kam es nicht, die Bestie schleuderte Buddy quer durch die Hütte gegen die gegenüberliegende Wand. Als Buddy Körper gegen die Holzdielen prallte, war sie bereits wieder über ihm und nagelte seine Schulter mit den Krallen der linken Klaue an die Wand. Buddys Füße hingen in der Luft. Sein gesamtes Gewicht ruhte auf der aufgespießten Schulter, nur der Schock und das Adrenalin verhinderten, dass er ohnmächtig wurde. Er riss die Waffe nach oben, die Kiefer des Monsters schlossen sich um den Lauf, drückten ihn zur Seite. Der zweite Schuss ging ins Leere. Mit Leichtigkeit entriss ihm die Bestie die Waffe. Mit gefletschten Zähnen sah sie ihm tief in die Augen während sie ihre freie Klaue in Buddys Eingeweide rammte.
In diesem Moment, in dem die Welt nur ein Meer aus Schmerz war und der Tod zur Gewissheit gedieh, blickte Buddy dem Monster in die Augen. Hinter dem Schleier aus Blutdurst und Wut glaubte er für nur einen Augenblick etwas wieder zu erkennen. Diese Augen. Der Ausdruck, der in ihnen lag, hatte ihn seitdem er ihn das erste Mal gesehen hatte nicht wieder losgelassen. Diese Sehnsucht, die auch seine eigene war. Eine Sehnsucht, die nicht durch eine Nacht gestillt werden konnte. Die vielleicht niemals gestillt werden konnte. Seine Lippen bewegten sich, formten ein Wort, ungläubig, flehend, hoffend. „…Alice?....“
Der Schleier verschwand für einen kurzen Augenblick. Die Bestie ließ ab von ihm. Buddy rutschte zu Boden. Das Monster schlich herum, schnüffelte, knurrte bedrohlich. Als ob es einen inneren Kampf ausfocht, bei dem Buddy nur störte. Es war ihm egal. Halb kriechend, halb stolpernd schleppte sich Buddy aus dem Schuppen. Weg von hier. An mehr konnte er nicht denken. Weg. Er schaffte ein paar Meter als das Monster in der Tür des Schuppens auftauchte. Sie bleckte die Langen Fänge und knurrte kehlig, als sie langsam ein Schritt nach dem anderen auf den am Boden kriechenden Buddy zu machte. Der Kampf war zu Ende. Die Entscheidung gefällt. Plötzlich heulte ein Motor auf, und Big Als rot goldener Truck brach durch den Zaun. Mit grölendem Getriebe pflügte Leroy durch das hohe Gras auf die Bestie zu. Der Truck traf auf den Geräteschuppen und zerlegte ihn in seine Einzelteile, durch den Regen aus Holz und Gerümpel lenkte er weiter auf den Weg hinaus und brauste davon.
Buddy lächelte. Er hatte seine Becky hinter dem Steuer erkannt. Sie hatte Timmy bei sich. Sie sind weg, in Sicherheit. Er hatte nicht versagt. So saß Buddy im Gras, seine Hand drückte auf die Bauchwunde an der er langsam verblutete. Er blickte hinüber zu der zerfetzten Leiche seiner Frau. „Ich hab’s geschafft, Liebes. Den Kindern geht’s gut. Mach dir keine Sorgen, die….“ Er fühlte den Atem der Bestie in seinem Nacken. Der Truck hatte sie nicht erwischt. Das Monster war ganz nah. Buddy konnte den rasselnden Atem hören, das Schlagen des Monsterherzens spüren. Die gewaltigen Kiefer schlossen sich in seinem Nacken. Die Augen der Bestie färbten sich schwärzer als die dunkelste Nacht. Buddys Körper zuckte. Er warf den Kopf zurück. Verdrehte die Augen, bis das Weiße zu sehen war. Ein Weiß, das nach und nach immer dunkler Färbte, wie das schwarz der Nacht.

Becky schaltete eine Gang höher und Leroy nahm noch mehr Fahrt auf. Sie bemühte sich ihrem verängstigten kleinen Bruder ermutigend zuzulächeln. Sie wog den Umschlag in der freien Hand. Becky hatte den Inhalt nur kurz überflogen. Fünfzig oder sechzig Tausend Dollar. Genug für einen Neuanfang. Becky verbiss sich die Tränen, Sie musste jetzt stark sein, für ihren kleinen Bruder. Heulen und trauern konnte sie wenn sie in Sicherheit waren. Sie würde nach Nordosten fahren. Washington oder New York. Irgendwo anders hin, nur weg von hier. Sie würde für ihren kleinen Bruder sorgen. So sehr er ihr immer auf die Nerven ging, Timmy war alles was sie noch hatte. Big Al hatte tatsächlich Papier und einen schwarzen Filzstift in seinem Truck gehabt und so konnte der kleine Timmy zeichnen. Aber Timmy zeichnete keinen Truck. Timmy würde nie wieder Trucks zeichnen und er würde auch keine bunten Stifte mehr für seine Zeichnungen brauchen.

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